Bundesbildungsministerin Anja Karliczek mit dem Bericht „Bildung in Deutschland 2020“ ©obs/BMBF/Hans-Joachim Rickel

Kürzlich erschienen - der Nationale Bildungsbericht 2020

Ende Juni erschien der Nationale Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2020“ (PDF).
Das diesjährige Schwerpunktkapitel beschäftigt sich mit der „Bildung in einer digitalisierten Welt“.
Für Lehrende in der Weiterbildung liefert der Bericht neben Kennzahlen auch eine umfassende Übersicht über diesen Bereich zu bekommen und die eigene Tätigkeit, Zielgruppen und Teilnehmende, Einrichtungs- und Angebotsprofile sowie Entwicklungsstrategien zu verorten.
Zudem gibt der Bericht Hinweise darauf, wo Wissenschaft und Politik zentrale Herausforderungen für den Bildungsbereich sehen. Das kann Orientierung für die Entwicklung von Programmen und Angeboten geben sowie mittel- und langfristig auch die Akquise und Drittmitteleinwerbung unterstützen.

Die zentralen Ergebnisse für die Erwachsenenbildung fassten Autor*innen des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung zusammen. Das DIE war an der Erarbeitung des Berichtes beteiligt:

Steigende Teilnahmequoten – steigende Bedeutung beruflicher Weiterbildung Die Teilnahme an non-formalen Bildungsaktivitäten steigt auf den bisher höchsten berichteten Wert von 52 Prozent aller 18- bis 69-Jährigen. Der Anstieg geht insbesondere auf die betriebliche Weiterbildung zurück, die nach wie vor das stärkste Segment der Weiterbildung ist: die meisten Weiterbildungsaktivitäten werden von betrieblichen Anbietern durchgeführt. Die meisten Weiterbildungsstunden leisten kommerzielle Anbieter, die neben staat-lichen und gemeinschaftlichen Anbietern vor allem die individuelle berufsbezogene Weiterbildung und die nichtberufsbezogene Weiterbildung bedienen. Dagegen zeigen sich keine großen Veränderungen in den Teilnahmequoten an formalen Bildungs- und informellen Lernaktivitäten Erwachsener.

Die Teilnahmechancen sind für Erwachsene weiterhin ungleich verteilt Beschäftigte in kleinen Unternehmen, in weiterbildungsfernen Branchen (z. B. Gastronomie und Beherbergung), in Teilzeit und mit einfachem Tätigkeitsprofil erhalten mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit Weiterbildung durch ihren Arbeitgeber. Insgesamt förderten 2018 54 Prozent aller Unternehmen Weiterbildung in Form von Arbeitsfreistellung und/oder Kostenübernahme. Besonders aktiv sind die Branchen Erziehung und Unterricht (87 %), Gesundheits- und Sozialwesen (81 %) sowie die öffentliche Verwaltung (85 %). Im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Bundes-ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wurde 2019 ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlos-sen, das u. a. insbesondere die Weiterbildungsaktivität mittelständischer Unternehmen fördern soll. Die Strategie kam keinen Augenblick zu früh, denn durch die Corona-Pandemie und damit zusammenhängende wirtschaftliche Folgen ist zu erwarten, dass es kleineren Betrieben künftig noch schwerer fallen wird, weiterbildungsaktiv zu werden. Inwieweit die Maßnahmen greifen, gilt es jetzt zu beobachten.

Regionale Unterschiede verdienen besondere Aufmerksamkeit trotz und wegen der Digitalisierung und der Corona-Pandemie Trotz zunehmender Digitalisierung aller Lebensbereiche und somit auch der Weiterbildung dominieren Präsenzformate die Weiterbildung und das Lernen im Erwachsenenalter. Digitale Medien ergänzen diese Formate zwar zunehmend, ersetzen diese jedoch in der Regel nur selten. Die regionale Erreichbarkeit von Anbietern der Weiterbildung bleibt deswegen eine zentrale Voraussetzung für das Lernen Erwachsener. Da kommerzielle und betriebliche Anbieter sich aus reiner Marktlogik heraus eher auf bevölkerungs- und wirtschaftsstarke Regionen konzentrieren, können staatliche und gemeinschaftliche Anbieter hier Ungleichheiten kompensieren. Beide Anbietertypen haben zwar über ganz Deutschland verteilt Einrichtungen, dennoch zeigen sich starke regionale Unterschiede. Die östlichen Bundesländer verfügen allgemein über eher weniger Einrichtungen. Auch die Weiterbildungsteilnahme ist in Ostdeutschland geringer. Im Zuge der Corona-Pandemie tritt der zuvor als Ausnahme deklarierte Fall ein, in dem Präsenzformate durch Onlineformate ersetzt werden. Wer auf dem Land mit schlechter Internetverbindung oder auch in der Stadt mit geringer Datenübertragungsrate lebt, ist vom digitalen Angebot ausgeschlossen. Auch wer über geringe digitale Kompetenzen verfügt oder keine Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien hat, wird nicht an digitaler Weiterbildung teilnehmen.

Weiterbildung im Rampenlicht: Qualitätsmanagement, Zufriedenheit der Teilnehmenden und viele positive Wirkungen Teilnehmende non-formaler Bildungsaktivitäten bewerten ihre Erfahrungen und das, was sie gelernt haben, insgesamt sehr positiv – mit kleinen Unterschieden. Besonders zufrieden sind Teilnehmende nichtberufsbezogener Weiterbildung, obgleich sie dem Gelernten keine besonders hohe direkte und zukünftige Anwendbarkeit zurechnen. Die insgesamt positiven Einschätzungen können als Qualitätsmerkmale des Lehr-Lern-Prozesses in der Weiterbildung gesehen werden. Seitens der Anbieter wird viel dafür getan, die Qualität sicherzustellen, auch wenn die Bemühungen teils extern motiviert scheinen. Die Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen (QMS) ist zu einem großen Teil durch gesetzliche Auflagen vorgegeben und bereits in 80 Prozent aller Einrichtungen vollzogen. Hohe Zufriedenheit mit der Bildungsaktivität besteht auch, wenn die direkte Anwendbarkeit des Gelernten weniger positiv beurteilt wird. Damit rücken weitere Erträge von Weiterbildung in den Fokus: positive individuelle und gesellschaftliche Wirkungen. Darunter fallen etwa höheres zivilgesellschaftliches Engagement und erhöhte Beschäftigungschancen und -sicherheit. Gesteigerte Beschäftigungschancen haben auch Teilnehmende im Rahmen der nach den Sozialgesetzbüchern II und III öffentlich geförderten Weiterbildung, wobei hier starke Unterschiede zwischen einzelnen Berufsgruppen bestehen, die sich durch die Folgen der Corona-Pandemie verschärfen dürften. Negative Entwicklungen sind insbesondere in den Berufsgruppen zu erwarten, die durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ihren Tätigkeiten nicht nachgehen konnten und bei denen bereits zuvor Weiterbildung weniger häufig zu Beschäftigung führte (z. B. Verwaltungs-, Kamera-, Tontechnik, Schauspiel, Tanz und Bewegungskunst sowie Lehrtätige an außerschulischen Bildungseinrichtungen).

Weiterbildung ebnet den Weg zur Integration für Migrantinnen, Migranten und Geflüchtete Zentrales Instrument zur Förderung der Integration seitens der Bundesregierung sind Integrationskurse, die sowohl die deutsche Sprache, als auch Geschichte, Recht, Kultur und grundlegende Werte vermitteln sollen. Die Zielerreichung wird über zwei Tests kontrolliert: über einen Sprachtest auf B1-Sprachniveau und den Test „Leben in Deutschland“. Seit 2016 schließen jedoch immer weniger Integrationskursteilnehmende mit B1-Niveau ab. Der Anteil bestandener Orientierungskurse sinkt ebenso. Der Grund für die rückläufigen Abschlussquoten liegt zum einen in schwierigen Lernvoraussetzungen, die die Teilnehmenden mitbringen. Zum anderen hat aber auch das pädagogische Personal Unterstützungsbedarf, weil es vor große Herausforderungen hinsichtlich der kulturellen Unterschiede gestellt ist. Nicht nur Integrationskurse spielen für Migrantinnen und Migranten bei der Ankunft in Deutschland in Bezug auf Bildung eine große Rolle, sondern auch formale Bildungsaktivitäten, mit denen sie Abschlüsse nachholen oder im Ausland erworbene Qualifikationen nachträglich anerkennen lassen können.